Seltsame Zeiten sind das, in denen wir uns momentan befinden. Was vor ein paar Monaten noch „dieses Virus in China“ war, betrifft plötzlich jeden. Weltweiter Ausnahmezustand. Und keiner weiß wie lange der anhalten wird. Manchmal fühlt man sich wie in einem Katastrophenfilm und fragt sich, wie (und wann) der Film wohl endet. Dann wiederum gibt es Momente, in denen ich mich frage, ob – wenn alles vorbei ist – alle direkt wieder weitermachen wie zuvor. Und ob es nicht vielleicht Dinge gibt, die es sich lohnt beizubehalten. Denn so schrecklich das ganze auch ist, bringt dieser Ausnahmezustand auch viele schöne Momente mit sich.
Mitte März habe ich angefangen, diese skurrile Welt für mich/uns festzuhalten und täglich mindestens ein Foto zu machen. Kann sein, dass dieses kleine (oder große! Wer weiß, wie lange das noch dauert!) Tagebuch, das langweiligste Fotoprojekt überhaupt wird, ha! Aber ich will mich dran erinnern an diese Zeit, die mit Sicherheit in die Geschichtsbücher eingehen wird. Und wer weiß, vielleicht wird es aus Kindersicht der schönste Sommer überhaupt werden. Weil wir vor allem eins haben, was sonst so oft Mangelware ist: Zeit. Zeit zum Spielen und Entdecken, zum Streiten und Versöhnen, zum Lesen und Filme schauen, zum Höhlen bauen und Picknick machen, zum Lernen und Briefe schreiben, zum Backen und Trampolin springen, Kuscheln und Toben, zum Lachen und Weinen.
Ich will diese Coronakrise in keiner Weise schön reden. Es ist eine Krise, Menschen sterben, Menschen verlieren ihre Arbeit, hier in den USA steht uns das Schlimmste sicherlich noch bevor. Ich weiß, dass wir sehr privilegiert sind mit Haus und Garten, mit stabilen bzw. flexiblen Jobs, vollem Kühlschrank und Krankenversicherung. Und trotzdem hat eben jeder sein Päckchen zu tragen. Wir vermissen unsere Freunde, unsere Familie. Wir sind enttäuscht, dass Grenzen plötzlich zu, Flüge gecancelt, Urlaube gestrichen sind. Jeder von uns ist in irgendeiner Weise persönlich von den Auswirkungen des Virus betroffen. Wir merken, in welcher Freiheit wir normalerweise leben dürfen, jetzt wo uns ein großes Stück Freiheit und Selbstbestimmung genommen wird. Aber die wird wieder kommen. Und bis dahin will ich auf die guten Dinge schauen: dass wir so viel gemeinsame Zeit als Familie haben, wie danach wahrscheinlich lange nicht mehr, vielleicht nie mehr. Dass die Grundschullehrer Autokolonne durch die Stadt fahren, weil sie ihre Schüler so vermissen. Dass wir nach über einem Jahr endlich die überübernächsten Nachbarn kennenlernen, weil endlich jeder mal auf den (schön dekorierten aber normalerweise selten genutzten) Front Porches sitzt. Und dass wir von ihrem Kumquatbaum naschen dürfen. Dass die lokale Feuerwehr mit Blaulicht und Sirene zu den Geburtstagskindern fährt um Happy Birthday zu singen! Echt jetzt! Für solche Aktionen muss man die Amerikaner einfach lieben!
So, und falls ihr jetzt noch Lust habt, ein paar Fotos der ersten zwei Wochen „Corona“ anzuschauen, hier sind sie:
Am Wochenende bevor die Schulen geschlossen haben, haben wir die Azaleenblüte im Bonaventure Cemetary bestaunt und einen Ausflug nach Amelia Island gemacht.
DAY 1: Unseren neuen (und sehr flexiblen) Tagesablauf aufzuschreiben und aufzuhängen hat die Kinder einen halben Tag beschäftigt und mir ein Gefühl von „Wir schaffen das!“ gegeben. Win win würde ich sagen!
DAY 2: Straßenkreide. All day every day. Hätte ich gewusst, dass Straßenkreide bald so schwer aufzutreiben sein würde wie Klopapier, wären wir damit in der ersten Woche vielleicht etwas sparsamer umgegangen.
DAY 3: Perfekter Morgen: erst durch den Rasensprenger, dann puzzeln…
DAY 4: Täuscht euch nicht: so brav spielen und puzzeln und basteln die beiden nicht immer. Aber wenn, dann schnapp ich mir die zweite Tasse Kaffee und genieße die Ruhe. (Nachdem ich es fotografisch festgehalten habe, ha!)
DAY 5: Er isst, sie liest. Besser beschreiben kann man die beiden eigentlich gar nicht!
DAY 7: Fensterbilder für uns und alle, die vorbei gehen. Und damit nach einer Woche gefühlt alle kreativen Aktivitäten schon verprasst.
DAY 8: Erster Tag E-Learning, Homeschooling, wie auch immer man es nennen will. Ein neuer Plan musste her 😉
DAY 9: Wenn sich das junge Gemüse ums junge Gemüse kümmert…
DAY 10: Eine Stunde „Quiet Time“ ist zur Zeit mein Lebens- bzw. Launenretter!
DAY 11: E-Learning-Romantik.
DAY 12: Erdbeermilch auf der Front Porch. Meine Liebe für Front Porches ist ja kein Geheimnis. Aber zur Zeit weiß ich es noch so viel mehr zu schätzen, dass wir trotz allem raus können – auch wenn es an manchen Tagen nur bis vor die Haustür ist.
DAY 13: Briefe schreiben und Briefe bekommen ist so ziemlich das Beste zur Zeit!
DAY 14: Die Brownies hat sie ganz allein gebacken! Aber jetzt mal ehrlich: So viel wie wir backen, müssen wir ganz schön viel Trampolin springen…
Davon gibt’s dann in der nächsten Runde ein Foto!
Jetzt interessiert mich aber: Wie geht’s euch? Wie erlebt ihr diese skurrile Zeit? Was macht euch gerade Freude?
Hang in there! Eure Kerstin
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